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Didacta 2018

Digitales Lernen erhöht das Engagement der Schüler

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Im Gespräch: Prof. Wassilios E. Fthenakis, Präsident des Didacta Verbandes, über Digitalisierung in der Bildung.    Frank Roesner

Prof. Wassilios E. Fthenakis, Präsident des Didacta Verbandes, spricht im Interview über den „Digital Turn“ im Bildungssystem und welche Chancen und Risiken er birgt

Computer, Laptop, iPad, Tablet-PC und Smartphone – die fortschreitende Digitalisierung macht vor den Schulen nicht halt. Die Chancen digitaler Lernmedien liegen da, wo ein Mehr an Wissen oder Kommunikation entsteht und Schüler beim selbstständigen Lernen unterstützt werden.Die Digitalisierung und Ihre Auswirkungen auf den Bildungsbereich sind ein zentrales Thema der didacta 2018. Wie können Kinder auf eine fortschreitend digitalisierte Welt vorbereitet werden?Das Bildungssystem befindet sich gerade in einem noch nie da gewesenen Transformationsprozess, der durch den „Digital Turn“ ausgelöst wurde, der aber mehr als nur die Digitalisierung umfasst. Um diesen Transformationsprozess erfolgreich zu bewältigen, müssen Veränderungen auf allen Ebenen des Systems eingeleitet werden: Sie betreffen die theoretische Fundierung des kindlichen Lernens, den methodischdidaktischen Ansatz, die Architektur des Bildungsverlaufs und nicht zuletzt eine Neudefinition der Bildungsziele und der Grundsätze und Prinzipien pädagogischen Handelns. Wenn Sie so möchten, benötigen wir einen neuen Architekten. Was den „Digital Turn“ betrifft, müssen im Bildungssystem bereits in den Kitas die Voraussetzungen für die Stärkung digitaler Kompetenz geschaffen werden: insbesondere die Einbettung der digitalen Kompetenz als transversale Kompetenz in die Bildungspläne. Die Bereitstellung geeigneter und funktionierender Infrastruktur ist ebenso notwendig wie die Professionalisierung der Fachkräfte und die Entwicklung und Umsetzung geeigneter pädagogisch-didaktischer Konzepte. Technologien allein bedingen keinen Lernfortschritt.Was sind die Mehrwerte digitalen Lernens?Zahlreiche aktuelle Studien zeigen, dass der Einsatz neuer Technologien in Lernprozessen zu einer Stärkung der Lernmotivation, zu einem höheren Engagement der Schüler und zu höherer Zufriedenheit führen kann. Zudem stärken sie selbst gesteuertes, kooperatives Lernen, problemlösendes und kreatives Verhalten. Schüler entwickeln komplexe und situationsunabhängige Beziehungen zu anderen Schülern, auch aus anderen Ländern. So entwickeln sie die digitale Kompetenz, die heute als eine der vier Kulturtechniken neben Lesen, Schreiben und Rechnen betrachtet wird. Neuere Konzepte erweitern den Lernraum der Schüler, beispielsweise mittels der Augmented Reality (erweiterte Realität): Bildungsräume und -inhalte, die dem Schüler allein über seine Sinne nicht zugänglich, nicht verfügbar oder nicht sichtbar sind. Sie können in den Bildungsprozess eingebettet werden, um den Lernraum zu erweitern, das Verständnis zu stärken und den Schülern einen breiteren Interaktionsraum zu eröffnen.

Die Bereitstellung einer Breitband-Infrastruktur ermöglicht den schnellen Zugang zu Informationen.

Prof. Wassilios E. Fthenakis Präsident didacta-Verband

Was sind die Risiken und Gefahren?

Risiken entstehen bei einem inkompetenten Umgang mit Technologien, vor allem aber mit dem Internet. Neue Technologien begünstigen einen relativ oberflächlichen Umgang mit dem verfügbaren Wissen, verleiten Schüler zur Preisgabe privater Informationen und selbstverständlich gibt es im Internet Inhalte und Handlungen, die alles andere als geeignet für die Schüler sind. Zu lernen, mit solchen Risiken umzugehen, ist eine höchst pädagogische Aufgabe, die Familien und Bildungsinstitutionen, aber auch die Bildungswirtschaft verpflichtet. Der Didacta Verband hat deshalb in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Frauen und Integration ein Dokument der International Communication Unit ins Deutsche übertragen, das Schülern hilft, Orientierung, Schutz und Sicherheit im Umgang mit dem Internet zu erlangen. Ab Mai 2018 wird es frei zur Verfügung stehen.

Digitale Technologien und Medien im Unterricht allein führen nicht automatisch zu besseren Bildungsergebnissen. Worauf ist besonders zu achten?

Auch hier hat die Forschung bereits Erkenntnisse geliefert, die man in vier Punkten zusammenfassen kann: Erstens, die Bereitstellung einer Breitband- Infrastruktur ermöglicht den schnellen Zugang zu Informationen. Wichtig ist hierbei auch der Support, der garantiert, dass die Technik funktioniert und auf dem neuesten Stand bleibt. Zweitens, die Qualifizierung der Fachkräfte, damit sie ihre Vorbehalte abbauen und ihre eigene digitale Kompetenz stärken können. Sie sollten in der Lage sein, in Kooperation mit anderen Fachkräften, geeignete didaktische Einheiten zu entwickeln. Wie eine neue Studie bestätigt, haben lediglich knapp über 9 Prozent der Fachkräfte eine solche Kooperation bereits initiiert. Drittens, und das ist das Wichtigste, wird ein geeignetes pädagogisch-didaktisches Konzept benötigt, das den sinnvollen Einsatz neuer Technologien erst ermöglicht und rechtfertigt. Und schließlich, viertens, wird die Familie eine zentrale Rolle spielen. Deshalb sind hier neue Formen der die Weichen für den Bildungsweg und für die Chancen eines Kindes werden in den ersten Lebensjahren gestellt. Die Familie ist der erste Ort, an dem Kinder alltägliche Bildung und Förderung erfahren. In der For- Kooperation zu etablieren, auch unter Nutzung der neuen Technologien.

Wie sieht Ihrer Einschätzung nach eine digitale Didaktik aus, die den Ansprüchen an zeitgemäßes Lehren und Lernen gerecht wird?

Im Wesentlichen sieht sie nicht anders aus als die Didaktik, die wir bei analogen Lernangeboten anwenden. Die Didaktik an sich muss neu orientiert werden: Wir benötigen ein didaktisch-pädagogisches Konzept, das Lernen nicht nur als individuellen, sondern primär als sozialen Prozess auslegt, der aktiv vom Kind, den Fachkräften, den Eltern und anderen Erwachsenen gestaltet wird. Wir benötigen ein Konzept, das auf modernen Ansätzen aufbaut, die auch den virtuellen Raum miteinbeziehen und somit den Lernprozess erweitern und neue Perspektiven eröffnen. Es ist ein Konzept erforderlich, das Lernprozesse im Höchstmaß individualisiert und dabei die von den neuen Technologien gegebenen Chancen produktiv und kreativ nutzt, ein Konzept, das auf Interaktionen, Dialog und kooperativen Formen des Lernens aufbaut. All das findet man im neuen didaktisch-pädagogischen Konzept der Ko-Konstruktion, das derzeit eine breite Anwendung erfährt. Zentrale Kategorien dieses Konzeptes sind die Interaktion und der Diskurs. In dialogisch organisierten Gesellschaften, wie dies heute der Fall ist, benötigen wir andere Konzepte und die Ko-Konstruktion bietet die Antwort darauf. Interview: Martina Steffen

Die Familie ist zentraler Bildungsort

Frühkindliches Lernen stellt die entscheidenden Weichen für spätere Entwicklungs-, Teilhabe- und Aufstiegschancen in Beruf und Bildung

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Förderung: Von klein auf zu lernen beeinflusst die spätere Bildung. 
Deutsche Messe/Rainer Jensen

Die Weichen für den Bildungsweg und für die Chancen eines Kindes werden in den ersten Lebensjahren gestellt. Die Familie ist der erste Ort, an dem Kinder alltägliche Bildung und Förderung erfahren. In der Forschung gilt die Familie deshalb als ein zentraler Bildungsort. Spielt Bildung bereits in der frühen Kindheit eine zentrale Rolle, haben Kinder die besten Voraussetzungen, um später wichtige Entwicklungs-, Teilhabe- und Aufstiegschancen zu ergreifen. Frühkindliche Bildung nimmt daher in der Familienpolitik einen hohen Stellenwert ein. Vor allem Bildungsinvestitionen in der frühen Kindheit gelten als besonders wirkungsvoll und nachhaltig.

Und Kinder haben Rechte – wie das Recht auf Bildung. Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen gilt in Deutschland seit 1992. Kinder sind neugierig, wissbegierig, sie kommen mit Lust am Entdecken und Gestalten zur Welt. Wie sich diese uneingeschränkte Offenheit der Kinder bewusst wahrnehmen, bewahren und fördern lässt, zeigt die didacta 2018 auf vielfältige Weise. Dabei spielt die Qualität in Kitas eine wichtige Rolle. Oder welche Didaktik Kinder unter drei Jahren brauchen. Die Unternehmen und Verbände des Ausstellungsbereiches „Frühe Bildung“ präsentieren sich in Halle 11. Dort stellen sie Trends und aktuelle Lösungen für Pädagogen vor und erörtern wichtige Weichenstellungen für die frühkindliche Bildung.

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iStockphoto.com/ushama

In der Diskussion ist zudem der Einsatz von digitalen Technologien in Kitas und Grundschulen. Es geht um wichtige Absprachen, bevor man dem Kind das Smartphone überlässt. Welche Funktionen sind erlaubt und wie lange darf das Kind spielen, Filme schauen oder chatten? Laut Experten der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung sollten Kinder im Grundschulalter täglich insgesamt höchstens eine Stunde mit Fernsehen, Computer und Smartphone verbringen. Aus entwicklungspsychologischer Sicht sind sensomotorische Erfahrungen wie klettern, bolzen, draußen spielen, puzzeln und basteln in diesem Alter am wichtigsten.

Um Kindern Medienkompetenz zu vermitteln, ist die familiäre Kommunikation aus Expertensicht der entscheidende Faktor. Eltern müssten mit ihren Kindern über Medien sprechen, über die Risiken und Möglichkeiten der bunten Medienwelten – das sei der Schlüssel, erklärt der Medienwissenschaftler Marc Urlen vom Deutschen Jugendinstitut in München.

Bei der Auswahl der Apps empfiehlt er, etwas Kreatives zu wählen, womit Kinder Filme erstellen oder Musik machen können. Die Ergebnisse könnten sie dann Freunden und Familie präsentieren. Gute Apps sollten bei Kindern das Miteinander fördern.

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Prof. Wassilios E. Fthenakis, Präsident des Didacta Verbandes, spricht im Interview über den „Digital Turn“ im Bildungssystem und welche Chancen und Risiken er birgt